Longshan Tempel und altes Taipeier Viertel (27.3.2010)
Eines schönen Sonntages wachte ich mal wieder so gegen frühen Nachmittag auf und beschloss mir etwas in Taipei anzuschauen. Zum zu den heißen Quellen zu fahren, wars zu warm und um zum Yangminshan rauszufahren wars zu spät. Also entfaltete ich meine Taipeikarte und schaute, was ich hier noch nicht gemacht hatte. Da ich keine Lust (und ich glaube auch gerade kein Geld) auf Shoppen hatte, fielen die vielen interessanten Einkaufszentren, die ich noch besuchen muss, erst einmal aus dem Raster. Nachtmärkte sollte man lieber in der Nacht machen, ist ja wohl klar ^^, also auch die weg. Zoo? Nee. Naja und dann schaute ich mich um und dachte, "Mensch, Longshan Tempel" da fährste doch jeden Freitag Abend und jeden Montag morgen dran vorbei, bzw. schräg drunter durch. Da kannste jetzt auch mal hinfahrn. Ist ja nicht weit.
30 Minuten später war ich dann auch schon da, hab getrödelt, normalerweise kommt man vom Hostel aus ja durch die ganze Stadt in 30 Minuten. Raus aus der MRT gings dann über einen Platz/Park zum Tempel.
In dem Park wimmelte es vor alten Menschen, das ist hier doch sehr ungewöhnlich. Normalerweise sieht man in Taipei kaum alte Menschen. Da gab es eine Tafel, die besagte, dass der Park vor der Renovierung vor einigen Jahren, ein Sammelpunkt für Obdachlose war. Wenn das immer noch so ist, würde das natürlich einiges erklären. Denn soweit ich es verstanden habe, gibt es hier weiter keine sozialen Sicherungssysteme, außer Eigenkapital und Eigenhumankapital (jaja, ich weiß, ganz schlimmes Wort, aber passt hier ausnahmsweise), also die Frucht der eigenen Lenden, genannt Familie. Soll heißen, wenn man keine Familie mehr hat und kein Geld mehr und keine Arbeit findet, weil man alt ist, landet man auf der Straße. Ich lasse das mal als Hypothese hier so stehen, weiß es aber nicht so genau. Vielleicht finde ich mal jemanden, der mir das erklärt. Nehmen wir aber erst einmal so an, so erklärt sich die hohe Dichte an alten Menschen/Obdachlosen. Wenn nicht, dann nicht. War jedenfalls die größte Ansammlung alter Menschen, die mir jenseits von Tourireisebussen jemals hier begegnet ist.
Nagut, also der Tempel. Schön :)
Durch die Lagunen rechts und links im Vorhof wirkt es richtig nett dort.
Die Schnitzereien und Dachfiguren waren auch sehr edel.
Auf den Bildern sieht man noch einen Rest von Chinesischer Neujahrsdeko. Besonders aber hat mich die Stimmung beeindruckt, als die Leute angefangen haben zu beten, singenderweise hier, toll! Außerdem die Vielzahl an Menschen aller Altersstufen. Der Besuch eines Tempels ist hier auch anscheinend noch bei jungen Leuten sehr beliebt.
Was gibt es noch zu sagen. Naja der Tempel ist einer der ältesten in Taipei, so von 1738. Zuletzt wurde er aber 1945 renoviert.
Typisch auch die Opfergaben für die Geister der Toten. Gewöhnliche Lebensmittel aller Art, auch Snacks, Getränke etc.
Hier kann man gut sehen, was da alles los ist. Leider kann man die Leute nicht singen/beten hören, da mein Mikrofon kaputt war.
Dann "musste" ich noch für ein vermeintliches Schulprojekt herhalten, weil ein Mädchen meinte, sie braucht 100 Bilder von "Foreigners", Fremden, Ausländern, für ihre Schule. Konnte erst ihr Alter wieder so gar nicht einschätzen und dann kam ihr Freund und dann war klar, dass sie irgendwas <16 Jahre ist ^^. Machens einem hier aber nicht leicht, mit dem Alter schätzen.
Dann bin ich zurück zu dem Park und an dessen Seite lang und was finde ich? Ein absolutes Kleinod, einen richtigen alt aussehenden Laden. Ein Buchladen, der aber schon fast wie ein Museum wirkt. Wie eine Reise 100 Jahre zurück ins koloniale Taipei des frühen 20. Jahrhunderts.
Schönes Innendesign, schön viel Holz, ein Haufen alter Bücher und man kann da sogar Sitzen und Kaffee trinken da kann ich endlich einmal sagen: Perfekt! Überhaupt nicht die übliche Situation eines Etablissements hier, dass 80% stimmt, die restlichen 20% aber so was von die Atmosphäre kaputt machen. Sei es das Plastikgeschirr, die Enge, die Plastiksitzmöbel, die Kahlheit, etc. Nichts davon hier. Da komme ich wieder!
Anschließend gings durch eine schmale überdachte Gasse, die viele Marktstände beherbergte, parallel zur Hauptstraße weiter.
Inklusive Modeläden direkt neben obigem Bild :D
Wieder zurück, um einen Bogen um die Rückseite des Tempels zu schlagen, entdeckte ich ein weiteres Kleinod Taipeis. Mein Glück war mit mir an diesem Tag :) Und zwar findet sich dort ein renoviertes Straßenstück aus dem Taipei des späten 19. Jahrhunderts. Die wurde erst letztes Jahr fertig und dort finden sich einige Ausstellungen von Künstlern, einen Getränkehersteller, einen Teeproduzenten, die Flower Expo im November 2010 und viele Toiletten ^^.
Jedenfalls eine sehr schöne Ecke, auch wenn hier wieder die 80/20 Regel passt (viel Beton, wenig Holz - wenn auch mehr Holz, als an den meisten Stellen - bis auf 3 oder 4 Tafeln alles nur in Chinesisch).
Trotzdem Respekt für die Erhaltung des Kulturerbes und dann auch noch für die Nutzung als Stätte der Kultur.
Anschließend wandelte ich noch über diverse Nachtmärkte, derer viele dort sind in der Ecke.
Sogar mit richtig süßen Kaninchen da :)
...die natürlich genauso zum Essen da sind, wie diese Schlange… ;)
Unter anderem einer der berühmten Taipeis, vielleicht sollte ich auch eher berüchtigt sagen, denn dort kann man Schlangenblut trinken und Schlangen essen. Uärgh...So vom sehen her, vielleicht ist es ja ganz lecker. Ein Mädel aus Südchina (arbeitet im Silicon Valley als Steuerberaterin, kommt aber 1-2x im Jahr nach Hause) auf der Durchreise über Taipei hat mir mal erzählt, dass Schlange selbst aber unglaublich lecker sein sollen. Muss ich dann wohl mal probieren. Das hat mir auch ein Deutscher, der hier lebt, bestätigt, und der meinte dann auch, dass das ja logisch sei, bestehen ja nur aus Muskeln die Viecher. Das ergibt Sinn.
Und mit diesem, in korrektem Deutsch verfasstem, Satz verabschiede ich mich. :D
Da der Ehemann der Hostelmutti, wie gesagt hobbymäßiger Surflehrer ist, packte ich die Gelegenheit beim Schopfe und ging morgens gleich mit ihm Surfen. Na gut, ich versuchte es…
Denn Surfen ist gar nicht so einfach, wie es im Fernsehen immer aussieht - wer hätte das wohl gedacht ^^. Vor allem das Rausrudern ist echt verdammt anstrengend und benutzt ja die gleiche Muskulatur wie Kraulen. Und da drin war ich schon immer schwach, bzw. das sind einfach Muskeln, die man im täglichen Leben so gut wie nie benutzt und die man auch schlecht ohne Wasser trainieren kann. Was ich in dem Zusammenhang nicht wusste, aber eigentlich auch irgendwie logisch ist, ist, dass Wellen immer in Gruppen kommen. Also muss man so lange am Strand abwarten, bis die Wellenstärke wieder abnimmt, also das Ende der einen Gruppe kommt. Und dann versucht man so schnell wie möglich hinter die Wellen zu kommen. Dort kann man dann in Ruhe abwarten, bis man denkt einige sehr gute Wellen zu sehen und kann Geschwindigkeit aufnehmen und eine nehmen.
Ich habe es nicht einmal geschafft hinter die Wellen zu kommen...war aber auch selbst beim Abflauen der Gruppe noch 1 Meter Wellen, gegen die ich kämpfen durfte. Ich war dann also 80% draußen und hab versucht mich hochzuhieven, keine Chance. Meine Armmuskulatur war schon so schwach, dass ichs einfach nicht hochgeschafft habe… :( War dann aber trotzdem ein geiles Gefühl mit den Wellen zurück zum Strand zu surfen. Auch wenn es nur im Liegen war. Waren ja auch so 2-3 Meter Wellen, also schon durchaus hoch. Was man da noch über Taiwan im Hinterkopf haben muss, ist mal wieder, dass Taiwan eine vulkanische Insel ist. Besonders auf der Pazifikseite, wo dieser Surfstrand war, geht es extrem steil bergab. Überall. Also auch am Strand. Dort fällt quasi direkt hinter der Wasserkante das Ufer 70° ab. Das führt also auch dazu, dass die Wellen, die da ja dann einen 1-3 Meter Höhenunterschied verursachen, diesen nicht auf 5 Meter flachem Strand, sondern auf unter einem Meter Ufer verursachen.
Soll heißen: Normaler Strand --> Wellen tragen einen sanft auf eine Ebene
Taiwan Ostküstenufer --> Wellen werfen einen gegen einen Wand
Sollte man also rechtzeitig abbremsen, um a) nicht sein Board und b) nicht sich selbst zu kaputt zu machen.
Das ganze Spiel machte ich dann noch einmal und war dann absolut am Ende meiner Kräfte und musste abbrechen. Hat sich aber auf jeden Fall gelohnt.
Leider war das Wetter des Tages auch wieder windig und um die 20+ Grad, also angenehm, aber nicht gut genug für nur am Strand abasseln. Was also tun? Scooter mieten!
Gesagt getan und für 500NT$ (400+100 Zuschlag weil kein lokaler Führerschein) - also ca. 15€ einen Motoroller gemietet für 24 Stunden. Das war vielleicht eine lohnende Investition!
Ich folgte dann der Strecke, die wir auch des Morgens zurückgelegt hatten, um zu dem Surfstrand zu gelangen. Denn inzwischen war es auch sonnig und ich wollte den Strand noch einmal bei Sonne einfangen:
Von da aus, so entnahm ich der Karte konnte man dann Taiwan an der Südspitze umrunden und dann, wenn noch Zeit ist, nach Westen an einen anderen Strand fahren.
Also ab und mit halboffenem Helm und 80 km/h Wind im Gesicht ab quer über den Zipfel zu meinem Surfstrand.
Von da an nach Süden ging es dann erst einmal steil Bergauf und dann an den Klippen entlang zur Südspitze Taiwans. Das Wetter hatte sich inzwischen auch zum Besseren gewendet!
Straße von Taiwan rechts und….
…. Pazifik links. :D
Dann die Küsten wieder nach Norden entlang und nach Downtown-Kenting, um Mittag zu essen.
Großer Felsen auf dem Weg.
Dort führte dann auch eine interessante Straße auf den Berg, der sich hinter Kenting erhebt und wieder runter, wieder weiter südlich.
Dort auf dem Berg befinden sich dann auch zwei Parks, einer, für den man bezahlen muss und in dem es wohl auch von Affen wimmelt und einen, den man kostenlos besuchen konnte.
Ich hatte aber keine Lust zu laufen, Scooter/Motoroller fahren, gerade über diese Bergstraßen machte einfach zu viel Spaß! :D
Weil sich das Wetter aber so zum Guten gewendet hatte, machte ich mich zur Westküste auf, dort fuhr ich zum Baisha-Wan, dem Strand der Ortschaft Baisha.
Dort ruhte ich mich ein wenig aus und genoss die Sonne. Dann juckte es mich aber in den Knochen meine Scooter-Tour fortzusetzen. Also ab auf die "Maschine" und ab nach Norden. Dort ging es dann nach ca. 30 Minuten in eine Ortschaft, die die letzten Möglichkeit für viele Kilometer beinhaltete nach Osten über die Insel zu fahren. Es wurde schon langsam etwas später, aber ich beschloss dennoch weiterzufahren. Im Lonely Planet gab es auf dieser Straße sogar noch eine Sehenswürdigkeiten. Unter anderem ein altes Schlachtfeld. Leider war nichts weiter zu sehen, außer einem super Ausblick auf das Tal, durch das ich gerade hindurch tourte.
Weiter einem leeren Flussbett folgend, dass sicherlich in der Monsunzeit gut gefüllt ist, gelangte ich schließlich zu einer Ortschaft mit einem Staudamm. Auf der Karte war das dann auch quasi der letzte Ort. Dort musste ich mich entscheiden, weiterfahren und nicht wissen, wie lange ich über die Berge bis zurück brauche oder umkehren?
Ich entschloss mich fürs weiterfahren und ich kann es nicht bereuen! Denn was folgte waren mehrere Dutzend, wenn nicht sogar mehr als Hundert Kurven, die mich über mehrere Berge und am Pazifik entlang wieder zum Hostel führten.
Oben angekommen und man blickt wieder auf den Pazifik.
Das war wirklich ein einzigartiges Erlebnis, denn die Straßen waren in einem Tip-Top-Zustand und außerdem waren die Bergpässe, die am Anfang auch eine ganze Strecke nur eine Fahrspur breit fahren, sowohl in der Mitte, falls breit genug, als auch am Rande mit sehr großen Reflektorkugeln versehen. Dazu waren noch die meisten Kurven mit einem Kurvenspiegel ausgestattet. Also kein Grund, sich da Sorgen zu machen. Und auf einem 2-Rad macht dieses Kurvenfahren natürlich noch einmal mehr Spaß. Nur als mich dann auf einmal ein Einheimischer mit seinem Auto überholte, machte ich mir da schon Sorgen ^^ Aber wenigstens konnte man sich dann hinten ranhängen.
Als ich dann die Berge Richtung Pazifik verließ wurde es dann endgültig dunkel. Aber die Straßen waren immer noch gut ausgeschildert und meinen Atlas habe ich ja in Form von google-maps eh immer dabei.
Die Kilometer nach Süden am Pazifik waren dann auch sehr einprägsam. Das Rauchen des Meeres, das Klatschen der Brecher an der Steilküste, das wahnsinnig intensiv klingende Zirpen der Insekten, das Essen dieser ^^ und dieses Licht, was der Ozean scheinbar ausstrahlte!
Update: Ich habe nochmal Karten der Scootertour nachgereicht, hatte ich gerade vergessen. Auf dem 2. und 3. Bild kann man schön die Bergstraßen/-Pässe erkennen und die vieeelen tollen Kurven!
Außerdem war diese Strecke dann noch weniger befahren, karg beleuchtet und erst recht nicht bewohnt, da es sich um ehemaliges militärisches Sperrgebiet handelte.
Dann musste ich nur wieder über einen Pass zurück in das Tal, in dem auch Hengchun liegt und machte dann noch einmal kurz an der größte Attraktion Hengchuns halt. Dort gibt es nämlich Gas, dass aus dem Boden austritt und irgendwer hat das mal angezündet und nun brennt dort ewiges Feuer. Toll! Die Chinesen kommen da hin und grillen etwas Essen oder zünden Feuerkörper an.
Der Tag war dann für mich gelaufen, es folgten noch anregende Gespräche mit den Inhabern des Hostels, sowie dem Franzosen und seiner Freundin.